Der Begriff der Betriebsstätte ist eine der wichtigsten Normen des internationalen Steuerrechts. Ob Steuerberater, die Unternehmer selbst, oder auch die Finanzverwaltungen der jeweilig betroffenen Staaten haben sich heutzutage immer häufiger mit der Frage zu beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen ein “internationales Tätigwerden” eine Betriebsstätte begründet und welche ertragssteuerlichen Folgen sich daraus im Ansässigkeitsstaat und Quellenstaat (das ist dort wo das Unternehmen “tätig” wird) ergeben.
Der Betriebsstättenbegriff dient dazu, nationale Besteuerungsansprüche an Unternehmensgewinnen (Art. 7 OECD-MA), Unternehmensvermögen (Art. 22 Abs. 2 OECD-MA), Dividenden (Art. 10 Abs. 4 OECD-MA), Zinsen (Art. 11 Abs. 4 OECD-MA) und Lizenzgebühren (Art. 12 Abs. 3 OECD-MA) abzugrenzen. Im Verhältnis zu jenen Staaten, mit denen Österreich ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, bewirkt das Bestehen einer Betriebsstätte im Sinne des Artikel 5 OECD-MA einerseits einen Besteuerungsanspruch des Quellenstaates (Art. 7 OECD-MA) andererseits verpflichtet der Bestand einer ausländischen Betriebsstätte den Ansässigkeitsstaat des Unternehmens dazu, die der Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte aus der steuerlichen Bemessungsgrundlage auszuscheiden (Befreiungsmethode gemäß Art. 23 A OECD-MA) oder die im Ausland auf die Betriebsstättengewinne bezahlte Steuer anzurechnen (Anrechnungsmethode gemäß Art. 23 B OECD-MA).
In der Praxis kommt es in nicht wenigen Fällen vor, dass abkommensrechtliche Betriebsstätten gar nicht auf unternehmerischer Entscheidung “ge- bzw. begründet” werden. Im Gegensatz zu den mit Wissen und Wollen gegründeten “Dauerbetriebsstätten” (auf Dauer eingerichtete unselbständige Zweigniederlassungen wie Verkaufsfilialen, Werkstätten etc.) wird die Betriebsstätte vielmehr steuerrechtlich fingiert, weil der Unternehmer im Quellenstaat einen Sachverhalt realisiert. Das gilt insbesondere für Bau- und Montageausführungen iSd Art. 5 Abs. 3 OECD-MA, den internationalen Technologietransfer und alle Formen der grenzüberschreitenden Dienstleistungen.
In den letzten Jahren ist darüber hinaus zu beobachten, dass die einzelnen Finanzverwaltungen durch das so genannte “Aufweichen des Betriebsstättenbegriffes”, was nichts anderes heisst als ehestmöglich die Begründung einer abkommensrecthlichen Betriebsstätte im “Tätigkeitsstaat” zu unterstellen, versuchen, Steuersubstrat für sich zu beanspruchen. Der Unternehmer ist daher mit einer zunehmenden Rechtsunsicherheit dahingehend konfrontiert, welche Handlungen und Tätigkeiten nun überhaupt zu einer ausländischen Betriebsstättenbegründung und damit zu einer dortigen Besteuerung führen oder nicht.
Beispiele für ausländische (abkommensrechtliche) Betriebsstätten
Unsere Erfahrungen zeigen, dass vor dem geplanten “Auslandsprojekt” die jeweilige Tätigkeit unbedingt mit den fachkundigen Steuerberater abgestimmt werden muss. In vielen Fällen lassen sich durch gute Planung ungewollte Betriebsstättenbegründungen vermeiden. Kann die Betriebsstättenbegründung nicht verhindert werden, ist eine strategisch geplante und steuerschonende Abwicklung das Gebot der Stunde – diesbezüglich gilt, dass der Steuerberater bereits vor den grenzüberschreitenden Tätigkeiten in die Planung involviert werden sollte.