UPDATE vom 20.8.2019
Das BMF hat in einer weiteren EAS-Auskunft seine Rechtsansicht dargelegt, in welchen Fällen ein “Home Office” eine Betriebsstätte begründet. Siehe dazu unsere NEWS vom 20.8.2019.
NEWS vom 6.4.2018
Die Wohnung eines Mitarbeiters kann zur Betriebsstätte des Arbeitgebers werden. Maßgeblich ist dies oftmals dann, wenn ein in Österreich wohnhafter Mitarbeiter ein Dienstverhältnis zu einem ausländischen Arbeitgeber unterhält, und dieser Mitarbeiter in seiner eigenen Wohnung für den Arbeitgeber tätig wird (neudeutsch: Home Office). In diesem Fall kann die Wohnung des Mitarbeiters zur Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgebers werden.
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat in seiner EAS 3392 (BMF-010221/0333-IV/8/2017) seine Rechtsmeinung kundgetan, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, um die Wohnung (Home Office) als Betriebsstätte des Arbeitgebers zu werten. Nach Ansicht des BMF sind Indizien für das Bestehen einer Betriebsstätte dann gegeben, wenn vom Arbeitgeber kein Büro zur Verfügung gestellt wird, dieses für die Tätigkeit des Mitarbeiters jedoch notwendig ist, und der Mitarbeiter die Kosten des Büros (Home Office) auch in seiner Steuererklärung geltend macht. In diesem Fall kann laut der in der EAS geäußerten Rechtsansicht davon ausgegangen werden, dass die Wohnung (Home Offcie) eine Betriebsstätte begründet. Sollte die Wohnung für die Tätigkeit des Mitarbeiters nicht unmittelbar notwendig sein, bzw. wird sie nicht regelmäßig für dienstliche Zwecke genutzt, sprechen gute Gründe dafür, dass die Wohnung keine Betriebsstätte begründet.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist jedenfalls zu erwähnen, dass sich der Begriff der Betriebsstätte in mehreren Gesetzen wieder findet, und dass die Begründung einer Betriebsstätte auch für Zwecke (unter anderem) der Kommunalsteuer, Abwicklung der Lohnsteuer oder der Umsatzsteuer eine Rolle spielt. Die Ausführungen der oben genannten EAS beziehen sich jedoch nur auf das Bestehen (oder Nicht-Bestehen) einer ertragsteuerlichen DBA-Betriebsstätte und haben allenfalls Indizienwirkung, ob eine Betriebsstätte auch für andere Zwecke (z.B. Lohnsteuer, Kommunalsteuer) begründet wird.
In einer Zeit von steigender Mobilität und Flexibilisierung wird das Arbeiten im eigenen Home Office immer öfter in Anspruch genommen. Viele Personen mit ausländischem Arbeitgeber aber inländischem Wohnsitz arbeiten zunehmen im eigenen Wohnungsverband. Dies kann für den ausländischen Arbeitgeber wie oben dargestellt dazu führen, dass er in Österreich (unwissentlich) eine (Home Office-)Betriebsstätte begründet. Dies sollte im Vorhinein jedenfalls abgeklärt werden. Desweiteren stellen sich mit der Arbeit im eigenen Home Office auch für den Steuerpflichtigen selbst diverse Fragen in Zusammenhang mit der Absetzbarkeit von Kosten.
Sollten Sie zu diesem Themenbereich (Home Office, Betriebsstätte, Absetzbarkeit von Werbungskosten) Fragen haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Die EAS 3392 im Wortlaut:
Begründet ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, dessen Unternehmensgegenstand die Beratung im klinischen Risikomanagement ist, ein Dienstverhältnis mit einem in Österreich ansässigen Arbeitnehmer, dessen Aufgabe es ist, die eigenständige Durchführung von Beratungsprojekten zur Patientensicherheit und klinischem Risikomanagement in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen in Italien, Österreich, Deutschland und in der Schweiz, einschließlich des Aufbaus und der Betreuung von Qualitäts- und klinischen Risikomanagementsystemen sowie der Durchführung von Schulungen, Seminaren und Lehrveranstaltungen, zu besorgen, wobei ihm zur Vorbereitung dieser Tätigkeiten die Möglichkeit eingeräumt wird, ein “Home-Office” an seinem inländischen Wohnsitz zu nutzen, so kann eine inländische Steuerpflicht für das deutsche Unternehmen in Österreich im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nur dann begründet werden, wenn eine inländische Betriebsstätte für das ausländische Unternehmen vorliegt.
Im vorliegenden Fall wird davon ausgegangen, dass das deutsche Unternehmen selbst über keinerlei Verfügungsmöglichkeit über eine inländische feste Einrichtung verfügt, der in Österreich tätige Arbeitnehmer auch über keine Vollmacht zum Abschluss von Verträgen für das deutsche Unternehmen verfügt und den Arbeitnehmer lediglich mit den für die Ausführung der Bürotätigkeiten erforderlichen Arbeitsmitteln (PC, Mobiltelefon) ausstattet. Die im “Home Office” auszuführenden Arbeiten beschränken sich auf die Projektvorbereitung, die Erstellung von Angeboten nach Mustervorgaben, die Bewertung von Präventionsmaßnahmen, die Entwicklung individueller Lösungsstrategien zur Vermeidung von Patientenschäden, Recherchetätigkeiten sowie die Erstellung von Publikationen. Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kunden sowie Schulungen werden entweder beim jeweiligen Kunden oder am Sitz des deutschen Unternehmens ausgeübt. Die Wahl des Ortes, an dem die vom österreichischen Arbeitnehmer durchzuführenden Vorbereitungstätigkeiten ausgeübt werden, ist von diesem frei zu entscheiden.
Nach Auffassung des BMF, die in einer Vielzahl von Einzelentscheidungen zum Ausdruck kommt, sowie nach der Rechtsprechung des VwGH kann die inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens auch in der privaten Wohnung eines Unternehmensmitarbeiters gelegen sein (EAS 180, EAS 350, EAS 1119, EAS 1521, EAS 1590, EAS 1705, EAS 2450, EAS 2754, EAS 3270; VwGH 25.2.1987, 84/13/0053 betreffend einen niederländischen Versicherungsvertreter und VwGH 12.12.1995, 94/14/0060 betreffend eine Volksmusikgruppe). Der Entwurf zum Kommentar zu Art. 5 OECD-MA idF 2017 sieht in seinem neuen Abs. 18 zur Frage der Begründung einer Betriebsstätte für den Arbeitgeber durch die Benützung eines “Home Office” folgende Ausführungen vor:
“18. Even though part of the business of an enterprise may be carried on at a location such as an individual’s home office, that should not lead to the automatic conclusion that that location is at the disposal of that enterprise simply because that location is used by an individual (e.g. an employee) who works for the enterprise. Whether or not a home office constitutes a location at the disposal of the enterprise will depend on the facts and circumstances of each case. In many cases, the carrying on of business activities at the home of an individual (e.g. an employee) will be so intermittent or incidental that the home will not be considered to be a location at the disposal of the enterprise (see paragraph 12 above). Where, however, a home office is used on a continuous basis for carrying on business activities for an enterprise and it is clear from the facts and circumstances that the enterprise has required the individual to use that location to carry on the enterprise’s business (e.g. by not providing an office to an employee in circumstances where the nature of the employment clearly requires an office), the home office may be considered to be at the disposal of the enterprise”.
Im vorliegenden Fall wird daher einerseits zu prüfen sein, ob die Arbeiten des Arbeitnehmers für seinen Arbeitgeber in seiner österreichischen Wohnung bloß gelegentlich und mit zahlreichen Unterbrechungen durchgeführt werden, was entsprechend den Ausführungen des Entwurfs der neuen Rz 12 OECD-MK zu Art. 5 OECD-MA idF 2017 zum Ergebnis führen würde, dass die hier vorliegenden Tätigkeiten nicht zur Begründung einer Betriebsstätte des deutschen Unternehmens in Österreich führen würden (vgl. dazu auch EAS 3391). Macht der Arbeitnehmer beispielsweise keine Aufwendungen oder Ausgaben im Zusammenhang mit der Nutzung des österreichischen Wohnsitzes geltend, so spricht dies gegen die Begründung einer Betriebsstätte. Andererseits wird auch zu prüfen sein, ob seitens des Arbeitgebers der in Österreich ansässige Arbeitnehmer aufgefordert wurde, seine Wohnung für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens des Arbeitgebers zur Verfügung zu stellen. Ist dies nicht der Fall, wäre auch aus der Sicht der aktuellen Fortentwicklung der Interpretation des Art. 5 OECD-MA durch den OECD-Kommentar idF 2017, welcher in diesem Zusammenhang seitens des BMF auch für den Anwendungsbereich des DBA Deutschland Bedeutung beigemessen würde, das Vorliegen einer Betriebsstätte in Österreich zu verneinen.
Wegen der besonderen Sachverhaltsabhängigkeit muss die endgültige Entscheidung dieser Frage in konkreten Besteuerungsfällen allerdings der Abgabenbehörde erster Instanz vorbehalten werden (EAS 1763).