Bekanntlich enthält das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Deutschland die Sonderregel, dass im Falle der Arbeitskräfteüberlassung die “183-Tage-Regel” anzuwenden ist. Fraglich in diesem Zusammenhang war lange Zeit, ob sich diese Bestimmung auf alle Überlassungen bezieht, oder ob eine Unterscheidung zwischen konzerninterner und gewerblicher Arbeitskräfteüberlassung notwendig ist.
Der VwGH hat nunmehr in einem Urteil entschieden, dass bei einer Arbeitskräfteüberlassung im Verhältnis zu Deutschland eine Unterscheidung zwischen konzerninterner und gewerblicher Arbeitskräfteüberlassung zu geschehen hat. Nach dem Urteil des VwGH (VwGH 22.2.2017, Ra 2014/13/0011) kommt bei der gewerblichen Arbeitskräfteüberlassung die “183-Tage-Regel” zur Anwendung, wohin gegen bei der Überlassung im Konzern die Steuerpflicht ab dem 1. Tag in den Staat des beschäftigenden (Konzern-)Unternehmens (Entleiher) wechselt.
Die Entscheidung des VwGH entspricht inhaltlich dem Erlass des BMF zur Klarstellung des wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriffs aus dem Jahr 2014 (BMF vom 12.06.2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014, BMF-AV Nr. 102/2014). Obwohl der dem Urteil zu Grunde liegende Sachverhalt vor 2014 (nämlich bereits im Jahr 2006!) verwirklicht wurde, will der VwGH die Unterscheidung zwischen der konzerninternen und gewerblichen bei der Überlassung nach und von Deutschland auch für den Zeitraum vor der Veröffentlichung des Erlasses angewendet wissen.
Kritisch ist das VwGH Urteil jedoch unter dem Aspekt zu betrachten, als dass die österreichische Finanzverwaltung bis zur Veröffentlichung des oben angeführten Erlasses am 12.6.2014 keine Unterscheidung bei der konzerninternen und gewerblichen Arbeitskräfteüberlassung nach Deutschland gemacht hat. Bis dahin vertrat das BMF die Rechtsansicht, dass in beiden Fällen die “183-Tage-Regel” anzuwenden sei. Nunmehr bleibt für den Praktiker bei “Altfällen” eine entsprechende Rechtsunsicherheit bestehen, da viele Unternehmen bei konzerninternen Überlassungen die “183-Tage-Regel” angewendet haben.