Die Beauftragung von ausländischen Unternehmen durch österreichische Unternehmen kann durchaus risikobehaftet sein. Ein Risiko besteht darin, dass ein ursprünglich als “Werkvertrag” abgeschlossenes Vertragsverhältnis in eine “Arbeitskräfteüberlassung” umqualifiziert wird (z.B. im Rahmen einer Steuer-Prüfung oder durch die Finanzpolizei).
Die Konsequenzen aus einer derartigen Umqualifikation vom Werkvertrag in eine Arbeitskräfteüberlassung sind:
– Der österreichische Auftraggeber wird zur Haftung für die im Inland zu entrichtende Einkommensteuer der ausländischen Arbeitnehmer herangezogen. Dies erfolgt in der Regel durch die Vorschreibung einer 20 %igen Abzugsteuer (die Abzugsteuer kann bis zu 25 % betragen für den Fall, dass die Abzugsteuer vom österreichischen Unternehmen getragen wird). Die Abzugsteuer wird auf den an das ausländische Unternehmen bezahlten Rechnungsbetrag festgesetzt.
– Der österreichische Auftraggeber ist für die Einhaltung der österreichischen Mindeststandards nach dem Lohn- und Sozialdumpingbetrugs Gesetz (LSD-BG) verantwortlich. Strafen werden diesbezüglich (z.B. wegen Unterentlohnung oder Nicht-Bereithaltung der notwendigen Unterlagen) hat der österreichische Auftraggeber zu leisten.
Aus den genannten (Haftungs-)Gründen (Abzugsteuer, Lohn- und Sozialdumping) wurden in der Vergangenheit oftmals Arbeitskräfteüberlassungen als Werkverträge “getarnt”, um die österreichischen Unternehmen vor den umfangreichen Haftungen zu verschonen. Dies hat dazu geführt, dass Werkverträge mit ausländischen Unternehmen unter einen Generalverdacht gestellt wurden und generell (und vorschnell) nicht als solche anerkannt wurden. Man hat stattdessen immer wieder versucht, die abgeschlossenen Verträge in Arbeitskräfteüberlassungen umzuqualifizieren und sich bei eventuellem Fehlverhalten des ausländischen Unternehmens am österreichischen Unternehmen schadlos zu halten.
Glücklicherweise hat die Rechtsprechung, die eine Zeit lang dieser Praxis gefolgt ist, in letzter Zeit eine gewisse Änderung erfahren. So wurde mittlerweile geurteilt, dass nur weil einige Merkmale einer Arbeitskräfteüberlassung vorliegen, ein Werkvertrag nicht automatisch in eine Arbeitskräfteüberlassung umqualifiziert werden kann (z.B. VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068). Vielmehr ist bei jedem Vertrag zu prüfen, ob beispielsweise
– ein “gewährleistungstauglicher Erfolg” vereinbart wurde,
– wer über die Anzahl der eingesetzten Mitarbeiter bestimmt, und/oder
– wer die genauen und individuellen Weisungen an die eingesetzten Arbeitnehmer erteilt.
Sollten diese Punkte vom Werkbesteller (österreichischen Auftraggeber) erfüllt werden, darf durch ein Merkmal, welches für eine Arbeitskräfteüberlassung sprechen könnte (z.B. die Bereitstellung des Materials durch den Auftraggeber) keine Umqualifizierung in eine Arbeitskräfteüberlassung erfolgen.