Pensionsabfindungen im DBA-Recht

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat in der EAS 3400 seine Rechtsmeinung zu der steuerlichen Behandlung einer Pensionsabfindung kundgetan. Dem Sachverhalt lag zu Grunde, dass einem in die Slowakei übersiedelten ehemaligen Mitarbeiter einer österreichischen GmbH eine Pensionsabfindung ausbezahlt wurde. Die Pensionsabfindung wurde vor Eintritt des Pensionsantrittsalters ausbezahlt.

In vorliegenden Fall war fraglich, ob diese Pensionsabfindung unter Artikel 18 (“Ruhegehälter”) des zwischen Österreich und der Slowakei geltenden Doppelbesteuerungsabkommens einzuordnen ist. Im Fall eines “Ruhegehalts” hätte der Ansässigkeitsstaat des Pensionsempfängers (Slowakei) das Besteuerungsrecht auf die Abfindung. Der Quellenstaat (Österreich) müsste die Pensionsabfindung in diesem Fall von der Steuer befreien.

Das BMF verneint in der vorliegenden Rechtsauskunft die Anwendbarkeit von Artikel 18 DBA (“Ruhegehälter”). Unter Verweis auf den OECD-Kommentar zum OECD-Musterabkommen sowie auf praktische Erfahrungswerte mit anderen Staaten bei der Zahlung von Pensionsabfindungen vor Eintritt des Pensionsantrittsalters sieht das BMF Artikel 15 DBA (“Einkünfte aus unselbständiger Arbeit”) als maßgebliche Norm an. Das BMF stellt sich mit seiner Rechtsansicht daher auf den Standpunkt, dass derartige Zahlungen grundsätzlich nach dem Kausalitätsprinzip zur Steuerpflicht nach Artikel 15 im ehemaligen Tätigkeitsstaat führen. Sollte jedoch zweifelsfrei feststehen, dass die Slowakei im vorliegenden Fall Artikel 18 DBA anwendet, würde sich die Finanzverwaltung dieser Rechtsansicht wahrscheinlich anschließen. Im Zweifel (d.h. die Slowakei beansprucht das Besteuerungsrecht auf Grundlage Artikel 18 DBA) wird dem Steuerpflichtigen die Einleitung eines Verständigungsverfahrens zwischen beiden Staaten nahe gelegt.

Die EAS 3400 vom 3.8.2018 im Wortlaut

Outbound-Pensionsabfindung

Fließt einem in der Slowakei ansässig gewordenen Geschäftsführer einer österreichischen Gesellschaft aus Anlass der Lösung des Dienstverhältnisses eine Abfindung seiner Pensionsansprüche gegenüber der Gesellschaft zu, dann unterliegt diese nach den Vorschriften des EStG der österreichischen Besteuerung. Diese gründet sich bei Aufrechterhaltung eines österreichischen Zweitwohnsitzes auf die hiermit verbundene unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 EStG 1988. Bei Bestand einer bloß beschränkten Steuerpflicht gründet sich die Steuerpflicht auf § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, denn es liegen diesfalls gemäß § 25 Abs. 1 EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor, die im Inland ausgeübt und/oder verwertet worden ist.

Die Geltendmachung dieser Steuerpflicht hat nur dann zu unterbleiben, wenn dies durch das im Verhältnis zur Slowakei anzuwendende DBA-CSSR (BGBl. Nr. 34/1979 iVm BGBl. Nr. 1046/1994) verbindlich angeordnet wird. Im vorliegenden Fall würde Österreich als Quellenstaat der Einkünfte das Besteuerungsrecht durch das DBA entzogen, wenn die Abfindung unter Art. 18 DBA-CSSR fällt.

Im Hinblick auf den derzeitigen Stand des OECD-Kommentars zu Art. 18 OECD-MA und die darin erkennbare unterschiedliche Vorgangsweise ausländischer Staaten kann dies im vorliegenden Fall jedoch nicht als gesichert angesehen werden. Wohl werden Ruhegehälter von Art. 18 OECD-MA nicht nur dann erfasst, wenn sie laufend zur Auszahlung gelangen, sondern auch dann, wenn es sich um eine Einmalzahlung (Abfindungszahlung) handelt (siehe zB EAS 860 und OECD- Kommentar Art. 18 Z 5). Es hat sich indessen gezeigt, dass viele Staaten die Zuteilungsregel des Art. 18 OECD-MA nur dann auf Pensionsabfindungen anwenden, wenn das Pensionsalter erreicht ist. Auch der OECD-Kommentar sieht in Z 6 (Satz 5) zu Art. 18 OECD-MA vor, dass das Erreichen des Pensionsalters ein ergänzender Beurteilungsfaktor für die Einbeziehung von Pensionsleistungen in Art. 18 OECD-MA sein könnte und dass sonach Pensionsabfindungen vor Erreichung des Pensionsalters nicht von Art. 18 OECD-MA erfasst sind. Sie würden daher im Quellenstaat nicht durch das DBA steuerfrei gestellt, sondern dort auf der Grundlage von Art. 15 OECD-MA in Anwendung des Kausalitätsprinzips der Besteuerung zugeführt, da dort die zum Entstehen der Pensionsansprüche führende Tätigkeit ausgeübt worden ist.

Solange daher nicht zweifelsfrei feststeht, dass die Slowakei auf Pensionsabfindungen vor Erreichung des Pensionsalters Art. 18 OECD-MA anwendet, solange daher nur eine Möglichkeit besteht, dass sich dies so verhält, liegt keine Rechtfertigung vor, von der gesetzlich vorgesehenen Steuererhebung in Österreich Abstand zu nehmen.

Unter den gegebenen Umständen wäre es daher auch nicht gerechtfertigt, aus EAS 3248 (Inbound Pensionsabfindung aus Deutschland vor Erreichung des Pensionsalters) den Schluss zu ziehen, dass die dort angenommene Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat (hier: Österreich) automatisch und ungeprüft auch für den gegenteiligen Fall gilt, sodass bei jeder outbound Pensionsabfindung aus Österreich ebenfalls Steuerberechtigung im Ansässigkeitsstaat (hier: Slowakei) gegeben ist. Denn die im Verhältnis zu Deutschland ergangene EAS 3248 kann nicht als Nachweis dafür dienen, wie in einem Zweifelsfall das DBA-CSSR auszulegen ist.

Der Arbeitgeber (das österreichische Unternehmen im Fall einer Betriebspension nach § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 oder die Pensionskasse im Fall einer Pensionskassenpension nach § 25 Abs. 1 Z 2 EStG 1988) wird daher bei fehlender Dokumentation über die steuerliche Erfassung in der Slowakei den Lohnsteuerabzug vorzunehmen haben. Denn selbst eine vollständige und korrekte Nutzung der in der DBA-Entlastungsverordnung (BGBl. III Nr. 92/2005 idF BGBl. II Nr. 44/2006) angebotenen Verfahrenshilfen reichen nicht als Beleg für die DBA-Anwendung durch “Entlastung an der Quelle” (Steuerfreistellung) aus. Denn alle in der VO vorgesehenen administrativen Erleichterungen setzen voraus, dass die Grundvoraussetzung des Einleitungssatzes in § 1 der VO erfüllt ist, dass nämlich “[…] Einkünfte von im Ausland ansässigen Personen auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen ganz oder teilweise von einer inländischen Abzugsbesteuerung zu entlasten” sind. Genau dies bedarf aber hier vorweg einer Klärung.

Es steht dem Steuerpflichtigen indessen frei, in seinem Ansässigkeitsstaat (Slowakei) den Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens mit Österreich zu stellen, falls auf slowakischer Seite in seinem Fall auf die vor Erreichung des Pensionsalters gezahlte Pensionsabfindung Art. 18 DBA-CSSR angewendet wird.

EAS-Auskunft des BMF vom 03.08.2018, BMF-010221/0137-IV/8/2018