Sondervergütungen im DBA Recht

Bei der grenzüberschreitenenden Tätigkeit einer natürlichen Person stellt sich immer wieder die Frage, welchem Staat das Besteuerungsrecht auf bestimmte Vergütungen zugeteilt wird. Mit dieser Frage setzte sich auch das Bundesministerium für Finanzen (BMF) in einer jüngst ergangenen EAS auseinander. Der EAS lag folgender Sachverhalt zu Grunde.

Einem in Österreich ansässigen Geschäftsführer einer polnischen GmbH wurden Vergütungen aus einem „Phantom Share Agreement“ zu Teil. Ein “Phantom Share Agreement” stellt eine Vereinbarung betreffend der Zuteilung von fiktiven Gesellschaftsanteilen dar. In der Praxis wird auch von Phantomaktien gesprochen.

Der Geschäftsführer unterlag auf Grundlage des DBA Österreich-Polen nach Artikel 15 der Steuerpflicht in Polen. Fraglich in diesem Zusammenhang war, welchem Staat das Besteuerungsrecht auf die neben seinem Fixgehalt ausbezahlten leistungsabhängigen Vergütungen aus dem „Phantom Share Agreement“ zugestanden werden sollte. Das BMF vertritt in seiner EAS 3366 vom 28.10.2015 die Meinung, dass die Vergütungen aus dem Phantom Share Agreement als „Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen“ im Sinne des Art. 15 Abs. 1 DBA-Polen zu qualifizieren seien. Gemäß dieser Auffassung steht das Besteuerungsrecht jenem Staat zu, welcher das Besteuerungsrecht auf das Gehalt der betreffenden Person hat. Somit zieht das BMF in der EAS den Schluss, dass Polen das Besteuerungsrecht auf die Vergütungen aus dem Phantom Share Agreement zusteht und Österreich diese Einkünfte unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung zu befreien hat.

Nachvollziehbar ist die vom EAS geäußerte Rechtsmeinung, wenn davon ausgegangen wird, dass die Vergütungen tatsächlich als “Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen” anzusehen sind. Ob dies bei jedem “Phantom Share Agreement” tatsächlich der Fall ist, kann u.E. jedoch nicht eindeutig festgestellt werden. Sollten nämlich die Vergütungen als “Dividende” qualifiziert werden (da ein “Phantom Stock Agreement” dem Inhaber durch “Phantomaktien” eine – fiktive – Beteiligung vermitteln), wäre eine andere DBA-rechtliche Zuordnung zu treffen. Auf die Möglichkeit der unterschiedlichen DBA-rechtlichen Einordnung (Qualifikationskonflikt) weißt das BMF in seiner EAS ebenfalls hin.

Das EAS 3366 vom 28.10.2015 im Wortlaut:

Geht ein Steuerpflichtiger mit Wohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich in Polen einer nichtselbständigen Tätigkeit als Geschäftsführer einer polnischen Gesellschaft nach und erhält er hierfür zusätzlich zur leistungsunabhängigen Vergütung auch leistungsabhängige Vergütungen aus einem “Phantom Share Agreement”, so bestehen grundsätzlich keine Bedenken, neben der leistungsunabhängigen Vergütung auch die leistungsabhängigen Vergütungen aus dem Phantom Share Agreement als “Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen” im Sinne des Art. 15 Abs. 1 DBA-Polen zu qualifizieren. Unter Einkünfte im Sinne des Art. 15 fällt nämlich jeder steuerpflichtige Vorteil aus dem Dienstverhältnis (vgl zB EAS 2678 zu einem Signing Bonus und Entgelt für die Einhaltung eines Konkurrenzverbotes; EAS 1305 zur Einstiegsprämie aus Anlass des Dienstantritts). Unter einen solchen Vorteil aus einem Dienstverhältnis können nach Ansicht des BM für Finanzen auch Einkünfte aus einem sog. “Phantom Share Agreement” fallen. Bei Vergütungen aus einem Phantom Share Agreement handelt es sich typischerweise um eine variable Vergütungsmethode, bei der Arbeitnehmer – je nach Leistung – mit imaginären Wertpapieren bezahlt werden. Es werden somit keine echten, sondern nur fiktive, nicht übertragbare Gesellschaftsanteile vermittelt. Ausschlaggebend für die Einordnung unter Art. 15 DBA-Polen ist allerdings, dass ein entsprechender Zusammenhang zwischen der Arbeitsleistung und der Vergütung besteht. Wie im Fall von Stock Options kommt es bei Vergütungen aus einem Phantom Share Agreement darauf an, dass diese Vergütungen tatsächlich im Rahmen des Dienstverhältnisses gewährt werden. Sofern daher nicht aufgrund von Art. 15 Abs. 2 DBA-Polen dem Ansässigkeitsstaat – hier Österreich – das ausschließliche Besteuerungsrecht zukommt, dürfen die fraglichen Vergütungen gemäß Art. 15 DBA-Polen im Tätigkeitsstaat – hier Polen – besteuert werden, allerdings nur insoweit, als sie mit der in Polen ausgeübten nichtselbständigen Erwerbstätigkeit in Zusammenhang stehen. Sind die Vergütungen aus dem Phantom Share Agreement nach polnischem Steuerrecht zwar den Einkünften aus unselbständiger Arbeit zuzuordnen, aber nicht steuerpflichtig, so hat dies auf die Befreiung von der Steuerpflicht in Österreich keinen Einfluss. Art. 24 Abs. 2 lit. a DBA-Polen enthält nämlich keine subject-to-tax-Klausel. Der Umstand, dass Polen das ihm übertragene Besteuerungsrecht nicht wahrnimmt, kann daher unter den gegebenen Umständen kein Aufleben eines österreichischen Besteuerungsanspruches begründen.

Anders wäre der Fall allerdings dann zu beurteilen, wenn Polen nach seinem innerstaatlichen Recht die Einkünfte aus dem Phantom Share Agreement nicht als Einkünfte aus unselbständiger Arbeit im Sinn von Art. 15 behandelt, sondern als andere Einkünfte im Sinn des Art. 22 DBA-Polen. In diesem Fall läge ein Qualifikationskonflikt vor, der zur Folge hätte, dass sich Polen auf Grund des Abkommens nicht berechtigt erachten kann, die unter diesen Umständen dem Ansässigkeitsstaat (also Österreich) zur Besteuerung zugeteilten Einkünfte zu besteuern. Qualifikationskonflikte dieser Art werden nach den Bestimmungen des Methodenartikels (hier: Art. 24 Abs. 2 DBA-Polen) in der Weise gelöst, dass die Verpflichtung des Ansässigkeitsstaats (hier: Österreichs) zur Steuerfreistellung, die nur für Einkünfte gilt, die nach dem Abkommen in Polen besteuert werden dürfen, entfällt (vgl. OECD-Kommentar zu Art. 23A und 23B OECD-MA, Abschn. E (Conflicts of qualification), Rz 32.6).

Ansässigkeitsbescheinigung – Strenge Rechtsauslegung durch das BMF

Eine Ansässigkeitsbescheinigung dient dazu, die nach dem jeweils anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) festzustellende “Ansässigkeit” nachzuweisen. Vom österreichischen BMF werden hierzu beispielsweise die Formulare ZS-QU 1 (natürliche Personen) und ZS-QU 2 (juristische Personen) zur Verfügung gestellt. Um eine Entlastungsmaßnahme auf Grund eines DBA durchführen zu können, besteht in der Regel die Verpflichtung des (ausländischen) Steuerpflichtigen, ein von der ausländischen Finanzverwaltung unterfertigtes Formular ZS-QU 1 oder ZS-QU 2 vorzulegen. Wird das Formular nicht vorgelegt, oder ist dieses mangelhaft, kann die Entlastungsmaßnahme (z.B. kein Einbehalt der Abzugsteuer) nicht durchgeführt werden. Der österreichische Vergütungsschuldner haftet für die korrekte Vorgehensweise bzw. für eine abzuführende Abzugsteuer.

In der EAS 3369 vom 3.2.2016 vertritt das BMF nun die Meinung, dass die Ansässigkeitsbescheinigung dem zum Abzug verpflichteten österreichischen Steuerpflichtigen im Original vorliegen muss, damit dieser entsprechende Entlastungsmaßnahmen durchführen kann. Nur in Ausnahmefällen würde es genügen, wenn die Ansässigkeitsbescheinigung nicht im Original vorliegt, sondern bloß elektronisch übermittelt und archiviert wird. Dies kann nach Ansicht des BMF zum Beispiel dann sein, wenn “z.B. das Original der Ansässigkeitsbescheinigung aus besonderen Gründen für andere Zwecke benötigt wird (vgl. EAS 2175).”

Steuerpflichtigen empfiehlt es sich daher, immer das Original der Ansässigkeitsbeschinigung anzufordern, bevor eine Entlastungsmaßnahme gesetzt wird.

Das EAS 3369 vom 3.2.2016 im Wortlaut:

Beauftragt ein österreichisches Unternehmen ausländische ExpertInnen, die unter den Anwendungsbereich des § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 (kaufmännische und technische Beratung) fallen und übersteigt deren Gesamthonorar 10.000 Euro im Kalenderjahr, dann wird man sich für Zwecke der DBA-Entlastungsverordnung im Allgemeinen nicht damit begnügen können, dass lediglich Kopien von Ansässigkeitsbescheinigungen vorliegen, die bei der auszahlenden Stelle als Beleg für die Inanspruchnahme der Vorteile der Doppelbesteuerungsabkommen herangezogen werden sollen. Vielmehr müssen dem österreichischen Unternehmen die Ansässigkeitsbescheinigungen im Original vorliegen. Die bloß elektronische Übermittlung und Archivierung ohne Übermittlung der Originale im konventionellen Postweg wäre nur im Ausnahmefall als ausreichend zu werten, zB wenn das Original der Ansässigkeitsbescheinigung aus besonderen Gründen für andere Zwecke benötigt wird (vgl. EAS 2175).

Entsendung in die Schweiz – Achtung bei Einhaltung von Mindestlöhnen (Lohn- und Sozialdumping)

Eine Entsendung von Arbeitnehmern liegt vor, wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer in ein anderes Land zur Arbeitsausübung entsendet.

Die Schweiz hat am 01.06.2004 im Rahmen der Personenfreizügigkeit mit der EU flankierende Massnahmen eingeführt, die Arbeitnehmer vor dem Risiko von Sozial- und Lohndumping in der Schweiz schützen sollen. Dieses Entsendegesetz verpflichtet einen ausländischen Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer in die Schweiz entsendet, die Arbeits- und Lohnbedingungen (minimale Entlöhnung, Arbeits- und Ruhezeiten, Mindestdauer der Ferien, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz etc.) verbindlich einzuhalten.

Aufgrund derzeitiger Anlassfälle weisen wir eindringlich darauf hin, dass sich ausländischen Unternehmen, welche Arbeitsentsendungen in die Schweiz planen, über die Lohn- und Sozialdumpinggesetze der Schweiz informieren sollten. Leider müssen wir feststellen, dass Schweizer Behörden zum Schutz diverser heimischer Branchen versuchen, Lohn- und Sozialdumping ausländischer Unternehmen bewusst zu unterstellen. Wir empfehlen daher eine Abstimmung der Lohnverrechnung (Gestaltung von Bruttolöhnen, Sachbezügen, Prämien und lohnsteuer- bzw. sozialversicherungsfreie Diäten etc.) vor der Entsendung in die Schweiz mit den Beratern der HR TAX Steuerberatung GmbH vorzunehmen. Sollte Ihr Unternehmen von einer solchen Kontrolle in der Schweiz betroffen sein, zeigen unsere Erfahrungen ebenfalls, dass Stellungnahmen zum unterstellten Lohn- und Sozialdumping gegenüber den Schweizer Behörden vom fachkundigen Steuerberater und nicht vom betroffenen Unternehmen selbst aufbereitet und kommuniziert werden sollten.